Das Kind im Manne: MoBa für
Abhängige |
Marburg
* (yvg)
"Herzlich Willkommen, meine Damen und Herren!
Ich begrüße alle in Marburg Zugestiegenen."
Diesen Empfang bereitete der Schaffner seinen
"Fahrgästen" am Donnerstag (7.April)
in der Waggonhalle. dabei schwenkte
er das grüne Signallicht und blies in seine
Trillerpfeife.
Mit einer durchaus authentischen Verspätung von
etwa 10 Minuten rollten dann auch die (Modell-)Züge
ein. Der Anlass dieser ungewöhnlichen
Begrüßung war die Premiere von "Moba - Ein
Theaterstück um die Modelleisenbahn für einen
Schauspieler und vier Starter-Sets". In
einer knapp 70 minütigen One-Man-Show spielte
Walter Heck unter der Regie von Christopher Diel
einen von der Modellbahn-Sucht Befallenen.
Heck spielt das allerdings nicht nur, er ist es
tatsächlich auch!
Obwohl das Buch "Modelleisenbahn" von
Burkhard Spinnen die Vorlage zu diesem Stück
lieferte, kann man von einer fast
autobiografischen Darbietung sprechen. Von der
Passion, die das Theater GegenStand zum Thema
dieses Abends machte, ist der Protagonist auch
privat betroffen. Und das merkt man!
Mit viel Sinn für Humor und Liebe zum Detail
wollte der "Moba-Mann" an diesem Abend
seiner Leidenschaft auf die Schliche kommen.
Er schilderte, wie ihm der begeisterte Papa zu
Weihnachten eine Modelleisenbahn vorgesetzt hat.
Damit konnte der Zehnjährige zunächst jedoch
rein gar nichts anfangen. Erst 30 Jahre später
fand er sich in der Modellbahnabteilung eines
Spielwarenladens wieder. Dort hat ihn der Dämon
verführt. Obwohl er es leugnet, weiß er doch:
Die Abhängigkeit nach den kleinen Zügen hat ihn
gepackt.
Doch wenn es nur das wäre! Der Modellbahn-Enthusiast
sieht sich einer ungeheuren Vielfalt von
Herausforderungen gegenüber: Spurweite H0 oder N?
Landschaft oder Vitrine? Außerdem muss er sich
ständig vor seiner Frau und seinem Umfeld
rechtfertigen. Mitleidigen Fragen wie "Naaa,
wieder was gebastelt?" steht er hilflos
gegenüber.
Doch nicht nur das Publikum will - und wird! -
von dieser Sucht überzeugt werden, auch eine Off-Stimme
- gesprochen von Christopher Diel - schaltet sich
immer wieder ein und hakt kritisch nach. Der
"Moba-Mann" kann selbst nicht genau
erklären, warum ihn die Miniatur-Züge so
anziehen. Er weiß nur eins: "In jedem Mann
steckt nun mal ein Kind."
Obwohl das "Denken in Schienen und Weichen2
nichts für Autofahrer ist, muss an diesem Abend
auch ihnen klar geworden sein, dass der Charme
dieser Leidenschaft in der Freude an den kleinen
Dingen liegt. Diesen Eindruck verstärkte auch
die Bühne, die sorgfältig und detailgetreu mit
verschiedensten Bahn-Artikeln ausstaffiert war.
Auch die eingespielte Musik bereicherte mit 50er-Jahre-Liedern
rund um die Bahn die Vorstellung.
Die rundum gelungene Inszenierung begeisterte
Spötter wie "Betroffene"
gleichermaßen. Wenn auch nicht jeder zum Moba-Fan
geworden sein dürfte, so konnten doch alle
nachvollziehen, was in solch einem passionierten
Manne vorgeht. |
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